Bei Entwürfen und Kartons handelt es sich um Vorarbeiten zur Glasmalerei. Ein Entwurf ist eine Vorarbeit zur Glasmalerei im Maßstab 1:10 oder 1:20, das Ergebnis eines demokratisch diskutierten Findungsprozesses, das erstmals durch den Künstler zu Papier gebracht wurde, und der als weitere Diskussionsgrundlage zwischen Auftraggeber und Entwerfer dient.
Oft entstehen zu einem Glasbild mehrere Entwürfe, die den Diskussionsverlauf, der ja nicht immer schriftlich protokolliert ist, nachvollziehen lassen. Für die Erforschung der Auftragsumstände stellen Entwürfe wesentliche Dokumente dar, ist doch in ihnen auch die originale Farbanlage des späteren Glasbildes erstmals festlegt. Manchmal sind die Entwürfe so detailliert ausgearbeitet, dass sie ohne den Zwischenschritt des Kartons direkt als Glasbild umgesetzt werden könnten.
Der Karton wird nach dem Entwurf gefertigt. Er ist eine technisch ausgefeilte Darstellung im Maßstab 1:1, die auch künstlerisch bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist.
Der Karton bildet die Vorlage für das Glasbild in der Werkstatt; nach ihm werden die Gläser ausgesucht, geschnitten und bemalt, die Konturen festgelegt, gebrannt und zusammengesetzt.
Der Karton enthält also alle Angaben zum fertigen Glasbild. Er wird zu einem Dokument für den nachhaltigen Erhalt durch Restaurierung, sowohl bei Beschädigungen als auch bei alterungsbedingten Beeinträchtigungen des Glasbildes.
Wegen der leichten Zerbrechlichkeit der Glasmalerei ist das Aufbewahren der Kartons von besonderer Bedeutung, da mit Hilfe dieser Vorlagen Restaurierungen durchgeführt werden können. Ein Beispiel für die vollständige Rekonstruktion stellen die im Krieg zerstörten Glasbilder nach alten Kartonvorlagen von Heinrich Campendonk in der Krypta des Bonner Münsters dar. Kartons zeigen die originale Handschrift des Künstlers, die ja im Übertragungsprozess ins Glas verloren geht. Sie sind damit anderen Kunstwerken wie Ölmalereien durchaus gleichzusetzen.
Bedeutung und Verwendungsmöglichkeiten der Entwürfe und Kartons als wesentliche Bestandteile unseres kulturellen Erbes
Zu den Eigentumsverhältnissen von Entwürfen und Kartons hat die Forschungsstelle ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, das hier vorliegt.
Zurzeit befinden sich im Archiv über 10.000 Entwürfe, Kartons und zusätzlich Nachlässe von über 100 Künstlern, die den demokratischen Findungs- und Entstehungsprozess der Werke ablesen lassen. Sie dokumentieren die geschichtlichen Umstände, geben eine Vorstellung von der originalen Handschrift des Künstlers, dienen als Werkstattvorlagen bei Reparatur oder Wiederherstellung.